War das alte Hollyood sexier und glamouröser? Nach seinem Musical „La La Land“ erzählt Damien Chazelle in „Babylon“ von der dunkleren Seele Hollywoods und vom Aufstieg und Fall derjenigen, die sich dem Leben im Scheinwerferlicht verschrieben haben. Es ist die Geschichte von überbordendem Ehrgeiz und ausgelassener Dekadenz. Am 19. Januar startet das hemmungslose Spektakel mit Brad Pitt und Margot Robbie in den deutschen Kinos.
Damien Chazelle, der auch das Drehbuch schrieb, hat mit „La La Land“ vor knapp einem Jahrzehnt eine der charmantesten Oden an das Bilderbuch-Hollywood schlechthin abgeliefert. Mit seinem neuen, aus allen Ecken und Ritzen überbostrendem, orgiastisch anmutendem Film scheint er nun dieses Bild geradezu mit dem Vorschlaghammer höchstselbst einreissen zu wollen. Die Produktionskosten werden mit rund 110 Millionen US-Dollar angegeben und man sieht hier definitiv wo das Geld hingeflossen ist. Die Idee zum Film sei Chazelle bei seinem Umzug nach Los Angeles, circa 15 Jahre vor der Fertigstellung des Films gekommen, als er noch kein gefeierter Regisseur war. Grundidee sei „einen großen, epischen Film mit vielen Figuren zu machen, der in diesen frühen Tagen von Los Angeles und Hollywood spielt, als diese beiden Dinge zu dem wurden, was wir heute von ihnen halten“, so Chazelle. Der Film sollte seinen Zuschauern viel Spektakel bieten, das die Extravaganz und den Hedonismus dieser Ära widerspiegelte: „Ich wollte festhalten, wie groß und mutig und frech und kompromisslos diese Welt war“, so der Regisseur. Zentrales Thema von Babylon sei der „kopflose, rücksichtslose Ehrgeiz“ der frühen Ära Hollywoods. Aufgrund der Logistik, der großen Anzahl an Figuren, den Umfang der Versatzstücke und der großen Zeitspanne der Erzählung sollte Chazelle den Film rückblickend als das schwierigste Projekt beschreiben, das er bis dahin realisiert hatte. Die Herausforderung an Babylon sei „besonders“, aber auch „ziemlich aufregend gewesen“. Werke von Federico Fellini, Robert Altman und Francis Ford Coppola hätten Chazelle zu seinem Film inspiriert. Es handle sich in allen Fällen um „Epen alter Schule, denen es gelungen ist, über eine Handvoll Figuren zu zeigen, wie sich eine Gesellschaft wandelt“.
„Babylon“ sei eine Hommage an Hollywoods Stummfilmzeit, die „die Menschheit in ihrer glamourösesten und animalischsten Form“ einfange. Wie Chazelles La La Land spielt auch Babylon in Los Angeles, allerdings Ende der 1920er-Jahre.
Aufgrund des großen Schauspielensembles hat der Casting-Prozess lange angedauert. Der Großteil der in Babylon auftretenden Figuren ist fiktional, auch wenn Chazelle von tatsächlichen Hollywood-Stars inspiriert wurde. So ist der von Brad Pitt dargestellte Jack Conrad ein Filmstar alter Schule, der sich an den Biografien von John Gilbert, Clark Gable und Douglas Fairbanks orientiert. Die Rolle der aufstrebenden Schauspielerin Nellie LaRoy wird von Margot Robbie verkörpert. Der Part ist eine Mischung aus den Biografien früherer Stars und It-Girls wie Clara Bow, Jeanne Eagels, Joan Crawford und Alma Rubens. Eine weitere Hauptrolle erhielt der mexikanische Schauspieler Diego Calva, der als Manny Torres verpflichtet wurde. Der Part des mexikanischen Immigranten und Außenseiters in Hollywood dient als Identifikationsfigur für die Zuschauer. Die Figur sei die „Augen des Publikums in der Welt von Babylon“, so Chazelle. Alle drei Hauptdarsteller hätten sich zum Zeitpunkt ihrer Verpflichtung in ähnlichen Lebensabschnitten befunden wie ihre Figuren.
Neben Brad Pitt, Margot Robbie und Diego Calva ist Tobey Maguire in einer Nebenrolle zu sehen, die an Charlie Chaplin erinnert und hier James McKay genannt wird. Max Minghella spielt den Filmproduzenten Irving Thalberg. Es ist die einzige Figur, die im umfangreichen Schauspielensemble nach einer realen Persönlichkeit benannt wurde. Von der amerikanischen Filmkritik wurde „Babylon“ mit verhaltener Freude aufgenommen. Während manche amerikanische Rezensenten dem Spektakel die bravouröse technischen Leistungen nicht abstreiten mögen, glauben andere dass sich Chazelle hier mit seinen Ambitionen eindeutig verhoben hat und das ihm vor lauter Kraftmeierei die Zügel aus der Hand geglitten sind. Sehenswert ist der Film allemal, schon allein der grandiosen Kostüme und opulenten Austattung wegen.
Autor: Christian Oita