Ravensburg - Am 28. August 1822, also in nachnapoleonischer Zeit mit ihren Verwerfungen, als Räuber wie der Schwarz Vere samt seiner Bande marodierender Kumpanen Wald und Flur unsicher machten, gründete sich in Ravensburg die Oberamtssparkasse, woraus die Kreissparkasse Ravensburg wurde, die heuer bei guter Gesundheit den 200. Geburtstag feiert.
Ihre Gründung geschah nicht als Selbstzweck. Vielmehr ging es ihr - damals wie heute - um die in der Region lebenden und arbeitenden Menschen. Einfache Leute wie Mägde, Landarbeiter oder Tagelöhner hatten keinerlei Möglichkeiten, Erspartes sicher und zinsbringend anzulegen. Sie lebten „von der Hand in den Mund“. Es bestanden auch kaum echte Chancen, sich Geld zu leihen, außer bei dubiosen Wucherern zu „halsabschneiderischen“ Zinsen.
Aber auch die florierende Wirtschaft, Unternehmer und Geschäftsleute verlangten nach einem gesicherten Geldverkehr. So war es als Kunde der ersten Stunde der Ravensburger Holzhändler Johann Baptist Habisreutinger, der einen Sparkassenkredit in Höhe von 600 Gulden (heute etwa 12.000 Euro) in Anspruch nahm. Es ist der Beginn einer Jahrhunderte langen Partnerschaft. Immer wieder investiert Habisreutinger in Kapazitätserweiterungen. Heute betreibt das Familienunternehmen mit 400 Mitarbeitern acht Holzzentren, sein Vertriebsgebiet reicht von Freiburg bis Augsburg, von Stuttgart bis Dornbirn.
In den 200 Jahren ihrer Existenz wuchs die einst beschauliche Oberamtssparkasse zu einem marktführenden Institut für moderne Finanzdienstleistungen in der Region heran. Man ist sich in dem Institut mit jetzt 800 Beschäftigten und 190.000 Kunden (Kundengeschäftsvolumen über 10 Milliarden, Eigenkapital 675 Millionen Euro) bewusst, dass der eigene erfolgreiche Werdegang nur gemeinsam mit Privat- und Geschäftskunden möglich war.
Einen großen Moment für einen ganz Kleinen gab es 1971: Sparkassendirektor Jüngling persönlich beglückwünschte den 100.000sten Sparer. Diesen musste Jüngling allerdings mit Hausbesuch beehren, weil es ein Säugling war. Unmittelbar nach seiner Geburt hatten die Eltern ein Sparbuch für ihn eröffnet.
Ursprünglich verfolgte das Geldinstitut ein leicht überschaubares Geschäftsmodell: Annahme von Spargeldern und Darlehensvergabe an Privatleute und Gewerbetreibende. Erst im Weltkriegsjahr 1916 schuf der Giroverkehr mit bargeldloser Überweisung neue Möglichkeiten. Weitere Dienstleistungen kamen hinzu, als den Sparkassen 1921 per Gesetz die Tätigung „bankmäßiger Geschäfte“ erlaubt wurde. Trotz tiefer Rückschläge (z.B. Hyperinflation 1923, Weltwirtschaftskrise 1929) blieben Sparen und Kreditvergabe zentrale Elemente der Sparkassenidee.
Heute ist das Leistungsspektrum breiter denn je. Die Ravensburger Kreissparkasse bietet für jedermanns Bedarf maßgeschneiderte Finanzgeschäfte und Dienstleistungen an. Dabei sind ursprüngliche Werte wie Gemeinwohlverpflichtung, Engagement für die Menschen der Region oder verantwortungsvoller Umgang mit jedem anvertrauten „Heller“ („Wer ihn nicht ehrt, ist des Guldens nicht wert“) unverändert gleich geblieben.
Noch bis 8. April ist in der Kreissparkasse Ravensburg, Meersburger Straße 1, eine Ausstellung der aus der Region stammenden und in Berlin lebenden Künstlerin Francis Zeischegg zu sehen: ...so wohnen wir wandernd. Rauminstallationen von 2004-22. Mobile Dachkammer, Innenansicht 2020. Foto: Uwe Walter / VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Während im ersten Jahrhundert des Bestehens keine neuen Techniken eingeführt wurden, zogen nach dem 1. Weltkrieg Buchungs- und Rechenmaschinen in die Büros ein. In Anbetracht junger digitaler Anwendungen, ist es heute selbstverständlich, dass Finanzangelegenheiten auch über Online-Banking abgewickelt werden. Dieses moderne Angebot nutzen mehr als 100.000 Kunden.
Mit ihren Stiftungen, Spenden und Sponsoring unterstützt Ravensburgs Kreissparkasse auf der Basis wirtschaftlicher Solidität zahlreiche, die regionale Lebensqualität prägende und steigernde Bereiche: Wirtschaftsförderung, Umweltschutz, Kultur, Bildung und Brauchtum etc. Zum Beispiel unterstützen der Natur- und Umweltfonds sowie die Bildungsstiftung der Kreissparkasse seit Jahrzehnten ökologische und schulische Aktivitäten. Sie fördert auch das regionale Gesundheitswesen, beispielsweise die Modernisierung der medizinisch-technischen Ausstattung der Oberschwabenklinik. Dazu gehören aber auch die Telefonseelsorge und das Körperbehindertenzentrum. Zu erwähnen sind auch die Pflege gewachsenen traditionellen Brauchtums (Fasnet, Rutenfest) und Breitensport. Für all die gemeinwohlorientierten Zwecke stellt die Kreissparkasse jährlich 2,5 Millionen Euro bereit.
Wie Vorstandsvorsitzender Heinz Pumpmeier erklärt, sind die deutschen Kommunen Träger der Sparkassen. Sie waren es, die vor 200 Jahren die Gründungsinitiative ergriffen. Daraus ergibt sich für die Sparkassen ein öffentlicher Auftrag, der die Orientierung auf das Gemeinwohl begründet. Das schafft die Verbundenheit der Sparkasse zur Region und deren Menschen. Träger der Ravensburger Kreissparkasse ist der Landkreis mit Landrat Harald Sievers als Verwaltungsratsvorsitzenden. Er vertritt die Interessen des Trägers. Der Verwaltungsrat wählt die Mitglieder des Vorstands der Sparkasse. Als Repräsentant des Landkreises wählt der Kreistag den Verwaltungsrat, der das Aufsichtsgremium der Sparkasse ist. In der Chronik stellt Pumpmeier - gewiss nicht ohne Stolz - fest, dass sich aus der einstigen „kommunalen Bindung“ bis heute eine von Wertschätzung getragene „kommunale Verbindung“ entwickelt hat.
Aus dem Bewusstsein heraus, dass Kunst der „Treibstoff für neue Gedanken“ ist, werden im laufenden Jubiläumsjahr ab Februar bis Ende Oktober diverse Ausstellungen (siehe Infokasten) in der „Towertown“ präsentiert. Mit der ersten Ausstellung 1956 wurde die Kunstförderung institutionalisiert, die die Gemeinwohlorientierung des Jubilars für die Öffentlichkeit immer wieder augenfällig erlebbar macht. Deutschlandweit sind die Sparkassen nach der öffentlichen Hand größter Kulturförderer.
Verschiedene Veranstaltungshighlights krönen den Verlauf des Jubiläumsjahres. Am 12. Mai ist der aus dem Fernsehen bekannte Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar in der Stadthalle Wangen Gast des Jubiläumsforums 1. Am 22. September wird sich Jubiläumsforum 2 mit Magdalena Neuner (erfolgreichste Biathletin aller Zeiten) und Sportstudio-Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein in der Oberschwabenhalle betont sportlich zeigen. Und am 10. November erwartet man in der Festhalle Leutkirch den Potsdamer Professor für Atmosphärenphysik, Professor Markus Rex, zu Jubiläumsforum 3.
Ausstellungen
SpielART
Herbert Moser
PANAMA – Gott würfelt nicht
- April bis 17. Juni
Ort: Sparkassengalerie Ravensburg
Die Sparkassengalerie wird 2022 temporär zur Dependance von Schloss Achberg. Die dortige Ausstellung SpielART widmet sich vom 9. April bis 23. Oktober in vielfältigen künstlerischen Positionen dem Thema Spiel.
Jubiläum – Begegnung: classix
- August bis 29. Oktober
Ort: Sparkassengalerie Ravensburg
Anlässlich der Jubiläen der Kreissparkasse Ravensburg (2022) und des Landkreises Ravensburg (2023) werden die beiden Kunstsammlungen erstmals gemeinsam präsentiert. Bei der ersten Begegnung vom 29. August bis 29. Oktober 2022 stehen „oberschwäbische Klassiker“ im Mittelpunkt. Vom 6. Februar bis 24. März 2023 folgt unter dem Titel „Jubiläum – Begegnung: contemporary“ die Gegenwartskunst.
Eigene Kunstwebsite www.ksk-rv.art
Seit 1956 gibt es die Kunstgalerie der Kreissparkasse Ravensburg. Gefördert werden Künstlerinnen und Künstler aus der Region durch Ausstellungen und Ankäufe. Ab Februar finden sich dort 100 herausragende Künstlerinnen und Künstler auf der Kunstwebseite www.ksk-rv.art
Jubiläumsausstellung „Sparen - Geschichte einer deutschen Tugend“, Marktstraße 22
Autor: Horst Hacker