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Oberschwaben - Auf dem elterlichen Einödhof hat der Bub mit dem Tenorhorn des Vaters spielerisch Töne ausprobiert, ganz ohne Unterricht oder Noten. Die Griffe für die drei Ventile hatte Peter bald raus. Und zur Ellwanger Musikkapelle hat es ihn damals schon magisch hingezogen. Was folgte ist ein Leben für die Blasmusik, davon 40 Jahre mit den Oberschwäbischen Dorfmusikanten. Am 9. September hat Peter Schad, der Lange, so sein Spitzname in der Schule, sein Abschiedskonzert in der Oberschwabenhalle in Ravensburg gegeben. Mit dabei sein Nachfolger Simon Föhr (40).

Es waren in den vierzig Jahren eintausend öffentliche Konzerte, zwanzig CDs sind entstanden und einhundert Mal waren Peter Schads Musiker in Live-Sendungen. Begonnen hat das alles beim Hafenkonzert vor vierzig Jahren. Eine Erfolgsstory, die ihresgleichen sucht. Nicht umsonst wird Peter Schad ein Denkmal der Blasmusik genannt, als ein Brückenbauer gelobt, der spielbare Kompositionen geschaffen hat, die dankbar von hunderten Kapellen gespielt werden. Die Negierung von sinfonischer Blasmusik und populärer Blasmusik ist für Peter Schad ein kulturpolitischer Skandal. Besonders deshalb, weil es gute Blasmusik gibt und die Nachfrage vorhanden ist. In der Schweiz und in Österreich sei das ganz anders. Das Hafenkonzert gibt es auch nicht mehr. Damals von Walter Rundel (die Stimme Oberschwabens) und Wolfgang Wanner betreut, war es eine sehr beliebte Sendung. Beide Redakteure hat der 70-Jährige zu seinem Abschied begrüßen können.

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Seine Fans lieben ihn.

Die Gesundheit ist dafür ausschlaggebend. Seine Antwort auf die Frage von Sängerin Carina Kienle, wie es ihm so geht: „Wenn mein Herz halt no hebt so lang i leb`, bin i scho zufrieden.“ So geht Peter Schads trockener Humor.
Im Mai saßen die Orchestermitglieder zusammen. Wie ohne Peter weitermachen? Wer soll die Leitung übernehmen, und wer kann die vielen Management-Aufgaben von Peter Schads Frau Maria übernehmen? Ein Aufhören wäre schade, denn das treue Publikum wartet, die Marktlücke besteht, traditionelle Termine und Veranstaltungen sind schon bekannt, machbar und gewohnt. Zwar werden wenige Mitglieder bei dieser Gelegenheit aufhören, aber die bisherigen Aushilfen treten ein. Die Übereinkunft ist nun: Wir machen weiter als „Oberschwäbische Dorfmusikanten“! Das Management wird aufgeteilt, und Wunschkandidat als Dirigent Simon Föhr, der seit zwanzig Jahren als Posaunist und Sänger an Bord ist, übernimmt den Taktstock. Der Neue wird von seiner Familie unterstützt, bleibt Leiter der Stadtkapelle Biberach und des Männerchores Frohsinn in Biberach. Wird es ihm nicht zu viel? „Die Auftritte habe ich ja schon seit zwanzig Jahren“, also schon machbar. Und die Vereinbarkeit mit dem Lehrerberuf? Seine Antwort deckt sich mit der von Peter Schad, der ebenfalls Lehrer war: „Es geht, weil wir alles im Rahmen halten konnten und können.“

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Nachfolger Simon Föhr ist Vollblutmusiker.

Und nicht nur er auch die anderen Orchestermitglieder haben fordernde Berufe und sind meist schon lange bei den Dorfmusikanten: Polizist, Friseur, Musiklehrer, Pharmaangestellte und etliche Ingenieure. Eine fundierte Ausbildung in jeder Hinsicht zeichnet die Qualität des Orchesters aus.
Alle drei Posaunisten sind auch Dirigenten. Trompeter Martin Schad ist Musiklehrer. Beim Soloauftritt mit dem Marsch „Der Alte Dessauer“ entlockt er seinem Instrument geradezu übersinnliche Tonfolgen. Aus dem Staccato folgt nahtlos der Übergang zur Doppelzunge, und es geht in extreme Höhen und Tiefen. Die Oberschwabenhalle wird zum gefühlten Opernhaus und auf der Bühne singt die Königin der Nacht ihre Koloraturen. So wird die Freude und der Spaß am Musizieren auch das Erfolgsrezept der Oberschwäbischen Dorfmusikanten bleiben.

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Zum Abschied noch einmal im Duett.

Wird der Dirigent Simon Föhr auch komponieren wie sein Vorgänger? Eine Polka ist schon entstanden. Das war in der Corona-Zeit, „mal sehen was später noch kommt, für uns Dorfmusikanten ist ja das halbe Konzertprogramm durch die Erfolgsstücke von Peter vorgegeben, die treue Zuhörerschaft erwartet das“. Beim Abschiedskonzert in der voll besetzten Oberschwabenhalle erntete Conny Schuler, „die oberschwäbische Nachtigall“, für ihr „Wo die Musikanten sind“ und das „Zigeunerkind“ tosenden Beifall. Simon Föhr will auch weiter wie bisher keine Polka-Marsch-Walzer-Partyband sein, um die Leute auf die Tische zu bringen. Er schätzt - ebenso wie sein Vorgänger – auch die musikalischen Ausflüge in die ernste Literatur und das klassische Repertoire. Dazu gehören Brahms und Strauss auch dazu, ebenso wie die Polka Concertante oder der Tango eleganto aus der Feder von Peter Schad. Es soll weiterhin einfach Musik zum Genießen sein, so wie Rudi Hämmerle die bisherigen vierzig Jahre charakterisierte: „Ihr habt Musik gemacht, bei der die Leute auch zuhören.“
Dem scheidenden Dirigenten ist der Friede zwischen den Menschen eine Herzensangelegenheit. Musik kann dazu viel beitragen, ist Schad überzeugt. Deshalb wählte er Mozarts „Gebet“ als Schluss. Und seine Enkel freuten sich mit einem Banner: „Opa gehört nun uns!“

Autor: Roland Reck

Fotos: Johannes Reichert

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