Achberg - Die bis 9. Juli auf Schloss Achberg geöffnete Kunstausstellung mit 112 ausgestellten bildnerischen Exponaten trägt den Titel „Wiener Wirklichkeiten. Realistische Malerei aus der Meisterklasse Rudolf Hausner“. Eröffnet wurde die Bilderschau von den Kuratoren Maximilian Eiden und Hanna Rehm. BLIX war dabei.
Wer in den 1970er Jahren in Österreich realistische Malerei erlernen wollte, musste sich an die Wiener Kunstakademie zu Rudolf Hausner begeben, der Mitbegründer der Akademie war. Der 1914 in Wien geborene und 1995 in Mödling verstorbene Professor gilt als einer der bedeutendsten österreichischen Maler des 20. Jahrhunderts. Danach strebend, die Dominanz der Abstraktion überwinden zu helfen, gestaltete der Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus einen kreativen Neubeginn der gegenständlichen Malerei mit.
Was Hausners thematische Entwicklung betrifft, schöpfte er nicht aus mythologischer Imagination oder provozierender Überschreitungslust. Vielmehr gewann er seine Motive aus seiner inneren seelischen Biografie. In Erzählungen aus der Kindheit machen sich in ängstlicher Imagination höllische Ungeheuer breit. Statt solche Angstfantasien einfach zu reproduzieren, wollte er deren Ursprung ergründen. Das brachte Hausners Spielart realistischer Malerei die Bezeichnung „psychologischer Realismus“ ein. Er selbst sprach öfter auch von „magischem“ Realismus.
Rudolf Hausner, Selbstporträt, „Vor dem großen Tor“, 1989.
Für die Gestaltung figurativer Elemente verwendet Hausner die Technik des Pointilismus. Kleine Punkte in kalkulierten diversen Farbtönen bewirken in ihrem Zusammenspiel die intendierten Nuancen in der Sinneswahrnehmung. Ulrich Ganserts fotorealistisch anmutende Arbeit „Blick in das Schlafzimmer“ (1983) ist im pointilistischen Stil in unzähligen transparenten kleinen Farbflecken aus Aquarellfarben gemalt (Bild). In jüngerer Vergangenheit zieht sich intensive rote Farbigkeit durch Ganserts Arbeiten, zum Beispiel in seinem Werk „Der Stephansdom V“ (2021). Sie lässt im Sinne des Impressionismus an die untergehende Sonne denken. Rotglühende Naturdarstellungen, wie zum Beispiel „Schilf in der Lobau im Abendlicht“ (2017), signalisieren die Verletzlichkeit unserer Welt in diesen bedrohlichen Zeiten des Klimawandels.
Im Hinblick auf seine Meisterklasse gilt Rudolf Hausner auch als ganz besonderer akademischer Lehrer. Zu seinem pädagogischen Credo gehört diese Äußerung aus dem Jahr 1987: „Wenn es schon den starken Lehrer und die starke Lehre gibt, dann muss es auch den starken Lernenden geben dürfen - nämlich jenen jungen Künstler, der nicht zu seinem Vorbild finden will, sondern nur zu sich selbst.“ Davon ausgehend, drängte er die Schüler auf keine von ihm vorgegebene Schiene. Vielmehr räumte er ihnen die Freiheit ein, selbständig den eigenen künstlerischen Weg zu finden und ihn nach eigenem Gutdünken zu entwickeln.
In den 17 Jahren zwischen 1968 und 1985 haben rund 100 Personen an Rudolf Hausners Meisterklasse an der Wiener Akademie der bildenden Künste teilgenommen. Für die Ausstellung musste deshalb eine Auswahl getroffen werden. Außer auf Hausner selbst fiel die Wahl auf Werke dieser neun Künstler: Franz Zadrazil (1942 - 2005), Ulrich Gansert (1942), Gottfried Helnwein (1948), Josef Bramer (1948), Friedrich Hechelmann aus Isny (1948), Benedetto Fellin (1956 in Meran), Hanno Karlhuber (1946 - 2022), Ute Rakob (1941) und Matthias Holländer (*1954).
Ulrich Ganserts fotorealistisch anmutende Arbeit „Blick in das Schlafzimmer“ (1983).
Der Zeit seines Lebens in Wien beheimate Franz Zadrazil unternahm ausgedehnte Fotostreifzüge durch die Stadt mit einer Unzahl von Aufnahmen, die ihm den Stoff für seine Bilder, wie zum Beispiel „Juwelen“ (Öl auf Holzplatte), lieferten. Ihn interessierten weder die Wahrzeichen der Donaumetropole noch ihr städtischer Prunk, sondern vielmehr die heruntergekommenen, ihm vertrauten Wiener Vorstädte der kleinen Leute. Weil er der Farbwiedergabe in der Fotografie misstraute, fotografierte er grundsätzlich schwarzweiß.
Drei Jahre vor seinem Tod 1992 entstand Rudolf Hausners Werk „Vor dem großen Tor“. Es zeigt den gealterten Maler nicht mehr als Adam oder als Narr, sondern als realistisches Selbstporträt. In einer kanalisierenden Trapezform dargestellt, schaut Hausner einen langen Gang hinunter, als blickte er dem Tod gelassen bereitwillig entgegen.
Text und Fotos: Horst Hacker