Riedlingen - Wirtshäuser, Cafés und Hotels von 1830 bis heute präsentiert das Riedlinger Museum „Schöne Stiege“. Unglaublich: 56 gastronomische Betriebe gab es einst. Die Wechselausstellung ist ein Stück Heimatgeschichte von ihrer gastlichen Seite. Einkehren kann man nach dem Blick in die Historie in einem der heute noch bestehenden Wirtshäuser und Imbisse rundum.
„Willkommen in der guten Stube Riedlingens“, begrüßt Christa Enderle Besucher im Erdgeschoss des Museums „Schöne Stiege“. Hinter der Internistin im Ruhestand prangen die Metallbuchstaben „gold’ne Rose“ über dem Original- Stammtisch. Sie zierten einst ein Gasthaus am Zwiefalter Tor. Eine von 56 Wirtschaften, Cafés und Hotels der kleinen Stadt an der Donau, der die Wechselausstellung im dritten Stock des mittelalterlichen Hauses in der Rösslegasse 1 gewidmet ist. Dabei stellen diese 56 gastlichen Häuser von 1830 bis heute nur einen Ausschnitt der Wirtshaus-Geschichte dar. „Unter den Wirtschaften waren auch einige Privatbrauereien“, erklärt die 1. Vorsitzende des Altertumsvereins 1851 e.V. mit beachtlichen 800 Mitgliedern, der das Museum mit vielen Ehrenamtlichen betreibt. Die historisch versierte Riedlingerin arbeitete viele Jahre als Hausärztin in ihrer Heimatstadt.
2002 wurde das im Besitz der Stadt befindliche Gebäude aufwändig restauriert. Im gläsernen Aufzug schwebt man hinauf, wo auf knarzenden Dielen eine kleine Wirtshausecke nachgebaut ist. Eine Schachtel Reval, eine Zigarre im Aschenbecher mit der Aufschrift „Zigarren, Cigaretten, Tabak, Georg Mayer b. Rathaus Riedlingen“ und ein Regal mit Bierkrügen zeugen von der regen Sammlertätigkeit der Ausstellungsmacher. Nach einem Aufruf brachten viele Riedlinger interessante Exponate als Leihgabe ins Museum. Gegenüber lässt ein eingedeckter Tisch mit Stühlen des nicht mehr bestehenden Café Hammer an der Donau erahnen, wie stilvoll sich die Riedlinger Damen in den dreißiger Jahren zum Kaffeetrinken trafen. Gastronomiebetriebe gibt es allerdings auch heute noch in der elftausend Einwohner zählenden Stadt im Landkreis Biberach. Das zeigt das Wandbild der Bestandsaufnahme von 2023. Riedlingen war schon immer eine Stadt des Bieres, wie zahlreiche Bierdeckel lokaler Brauereien zeigen. In einer Vitrine wird an Friedrich Johann Miller erinnert, der in den 60er Jahren des 19. Jahrhundert in die USA auswanderte und dort in Milwaukee „Miller Beer“ gründete, zeitweilig die größte Brauerei des Landes.

Erinnerung ans Café Hammer.
Abschied von „Kretsche“
Viele Betriebe haben ihren Namen geändert: Aus dem „Ulmer“ wurde das „Tapas“, aus der „Traube“ das „Donauduck“, aus den „Drei Rosen“ das „Mykonos“. Im Gästebuch des „Ulmer“ wird die Abschiedsfeier vom heutigen Landesvater dokumentiert. Winfried Kretschmann war bis zur elften Klasse in Riedlingen aufs Internat gegangen, machte aber in Sigmaringen Abitur. Am 29. November 1966 feierte man im „Ulmer“ Abschied. Ein Mitschüler des humanistischen Gymnasiums verewigte sich gar mit einer altgriechischen Inschrift von „Kretsche“.
Den Treppenabgang zieren eine Registrierkasse und Blechschilder, im zweiten Stock sind in zwei Räumen wertvolle Hinterglas-Bilder ausgestellt. Große Menschen sollten beim Betreten der weiteren Räume den Kopf einziehen. Dokumentiert wird die Beteiligung von Riedlingern an den Revolutionswirren von 1848. „Die Riedlinger waren nicht immer brav“, kommentiert Christa Enderle diese Zeit. Schon 1714 gab es (bis 1997) die „Riedlinger Zeitung“. Der 1920 in Riedlingen gegründete Kochgeschirr-Hersteller Silit gehört seit 1998 zu WMF. Im ersten Stock des Museum wird dokumentiert, dass Mitglieder der Riedlinger Familie Mennet 200 Jahre Posthalter waren. In einem Raum glänzt das katholische Oberschwaben etwa in Form einer Strahlenmonstranz von 1770.
An der Treppe ins Erdgeschoss hängt ein Bild des Riedlinger Künstlers Hansjörg Eder. Es zeigt einen jugendlichen Stammtisch der 90er Jahre. Bleibt zu hoffen, dass die Wirtshauskultur noch lange so lebendig bleibt wie das Museum „Schöne Stiege“. Die Wechselausstellung ist zu sehen bis November 2024. www.museum-riedlingen.de

Das Museum Schöne Stiege findet sich mitten in Riedlingen.
Text und Fotos: Andrea Reck
