Biberach/Regensburg - Es hätte auch anders kommen können. Ein Kind, das den Unterricht stört, indem es lauthals singt, könnte auch Schimpfe kriegen vom Lehrer und von den Eltern. Ruhe ist die erste Schülerpflicht! Stattdessen bekamen Evas Eltern von der Grundschullehrerin die Empfehlung, ihre Tochter in den Gesangsunterricht zu schicken. Was diese taten. Das ist der Anfang einer wohlklingenden und vielversprechenden Karriere. Eva Zalenga ist auf dem besten Weg, internationale Opernhäuser mit ihrer Stimme zu füllen.
Die 29-jährige Biberacherin hat erst jüngst beim renommierten Emmerich-Smola-Gesangswettbewerb gleich zwei Preise abgeräumt, einmal wurde sie vom Orchester ausgezeichnet und zusätzlich erhielt sie den Publikumspreis. Großartig, findet die Sopranistin diese Auszeichnungen, denn zu dem Wettbewerb wird man geladen, man kann sich nicht dafür bewerben. Schon die Teilnahme ist eine Auszeichnung. „Ich bin sehr glücklich“, sagt Eva Zalenga.
Es ist nicht einfach, mit einer Opernsängerin ins Gespräch zu kommen. Zeit ist ein sehr knappes Gut und dann verhindert auch noch eine Erkältung den Kontakt. Es sollte ein Telefongespräch werden, Eva Zalenga arbeitet und wohnt in Regensburg. Doch eine Erkältung ist für eine Profisängerin ein Knock-out. Ruhe und Stimme schonen, ist das strikte Gebot. Die Proben für ihr letztes Stück am Theater Regensburg haben begonnen. Es ist die Kammeroper „Weiße Rose“, dabei ist sie besonders gefordert. Dazu später mehr.
Noch ist Eva Zalenga am Theater Regensburg als Sängerin engagiert. Fotos: Hier singt die Biberacherin in Johann Strauss‘ Operette „Die Fledermaus“. Aber die bald 29-Jährige ist auf dem Sprung von der festangestellten zur freien Künstlerin und freut sich auf ihr nächstes Engagement an der Royal Danish Opera in Kopenhagen. Aber vorher singt sie am 23. März in ihrer Heimatstadt das Solo in Beethovens 9. Sinfonie.
Zunächst stellen wir uns ganz dumm: Wie wird frau Opernsängerin? Es beginnt mit der Leidenschaft zu singen, erklärt Eva Zalenga, der Singen von Kindesbeinen an pure Lust war. Und von Kindesbeinen an wurde sie darin motiviert und gefördert. Das waren die Eltern und die LehrerInnen, aber „die treibende Kraft war ich selbst“, blickt sie zurück. Sie sang nach, was sie hörte im elterlichen Haus, es waren keine Kinderlieder und schon als Kind wollte sie Opernsängerin werden. Es folgte ein Abitur mit Musikschwerpunkt, andere spielten ein Instrument, Eva sang. Damit zog sie in den Osten, um in Dresden und Leipzig an den Musikhochschulen zu studieren. „Man muss hartnäckig sein“, sagt die Sängerin, um wahrgenommen zu werden, die Konkurrenz sei groß und international. Und neben dem Gesang, habe man Sprachunterricht, wobei Italienisch Pflicht ist, ebenso wie Klavierunterricht, außerdem absolviere man Bewegungsunterricht und Gehörbildung … und irgendwann schließe man mit Bachelor und Master ab und sei „klassische Sängerin“.
Dass das nicht ohne viel Ehrgeiz und Disziplin erreichbar ist, leuchtet ein. Eva Zalenga vergleicht es mit Spitzensport. „Singen ist immer anstrengend und fordert den ganzen Körper“, erklärt sie und weist darauf hin, dass in der Oper ohne Mikro gesungen wird. Nur die Stimme sonst nix, muss den Saal füllen. Da trifft es sich gut, dass sie Sport liebt, besonders im Freien, Bewegung in der Natur sei ihr Hobby. Und wie im Leistungssport müsse man als Sängerin „immer Spitzenleistung abliefern“. „Mein Körper ist mein Kapital“, betont die Sängerin, entsprechend pfleglich geht sie mit ihm um. Vegetarisches Essen, das sie täglich selbst kocht, und keinen Alk während der Proben- und Spielzeit, und das ist bis auf sechs bis acht Wochen Sommerpause das übrige Jahr. Für Eva Zalenga ist es nicht Last, sondern Lust: „Ich bin sehr erfüllt von meinem Job.“ Und dazu gehört Veränderung und der Mut zu Neuem. Statt der Festanstellung – „ist Luxus“ – beim Theater in Regensburg wird sie in der nächsten Spielzeit als freie Künstlerin in der Royal Danish Opera in Kopenhagen singen. Was danach kommt, wird sich zeigen. „Ich habe das Gefühl, ich muss weitergehen“.
Eva Zalenga: „Es ist schwer und soll ganz leicht aussehen.“ Hier in „Figaros Hochzeit“.
Aber zuvor muss die Ehrgeizige noch eine besondere Herausforderung bestehen. Im März wird sie in der Kammeroper „Weiße Rose“ Sophie Scholl spielen, die Ulmer Widerstandskämpferin, die gemeinsam mit ihrem Bruder Hans vor 80 Jahren, am 22. Februar 1943, in München/Stadelheim hingerichtet wurde. Das Zwei-Personen-Stück beschäftigt sich mit der letzten Stunde der Geschwister vor ihrem gewaltsamen Tod. Emotional und gesanglich eine anstrengende Aufführung. „Ich muss mich wahnsinnig konzentrieren“, weiß die Sängerin aus den Proben. Sophie Scholl, die Eva Zalenga einen „Stolperstein“ nennt, starb mit 22 Jahren und war damit sieben Jahre jünger als die Künstlerin, die am 27. März 29 Jahre alt wird.
Wenige Tage vorher, am 23. März, wird die Biberacherin in ihrer Heimatstadt in Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie (An die Freude) ihr wunderbares Können als Sopransolistin zeigen. Sie ist auf dem Weg, wie sie sagt. Und wie LeistungssportlerInnen so erreichen auch OpernsängerInnen qua Alter ihr berufliches Limit. „Mit guter Technik“, erklärt Eva Zalenga, könne man/frau bis ins Alter zwischen 40 und 50 Jahren bühnenreif singen. Und daran arbeitet die Sängerin mit freudigem Ehrgeiz. Das Leben danach muss warten, vielleicht wird sie dann Hundetrainerin, was nach der Opernsängerin ihr zweiter Berufswunsch als Kind gewesen sei, erzählt sie lachend.
Autor: Roland Reck
Fotos: J. Quast