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Englisweiler - Weil ihre Eltern 1954 in Südkorea humanitäre Hilfe leisteten, wurden Sabine Bachmor und ihre Tochter nach Südkorea eingeladen. Sie erlebten die eindrucksvolle Gemeinschaft der Veteranen aus vielen Nationen und eine Bevölkerung, in der die Erinnerung an die damals erfahrene Hilfe überaus lebendig ist.

 

Sabine Bachmor (64) und ihre Tochter Julia (37) sind auch drei Monate nach ihrer überraschenden Korea-Reise noch zutiefst beeindruckt. Sie waren einer Einladung des Landes Südkorea gefolgt. In elf Stunden flogen sie direkt von Frankfurt nach Seoul. Sabines Vater Hubert Mayer, von Beruf Zahntechniker, war 1954 hingegen fünf Tage mit Flugzeugen und per Schiff unterwegs über Karachi, Kairo, Thailand und weitere Stationen. Im Auftrag des Roten Kreuzes erreichte er schließlich das Deutsche Hospital in Busan, einer Stadt im Süden Koreas. Dort wurden Arme behandelt, auch Menschen, die von den Kämpfen geflohen waren. Ein Jahr zuvor hatte nach 37 Monaten und über drei Millionen Toten der Koreakrieg mit einem Waffenstillstand geendet, der die Teilung des Landes besiegelte. Unter den Gefallenen waren auch 40.500 Soldaten der UN-Nationen, die meisten von ihnen US-Amerikaner.
Während des einjährigen Einsatzes lernte der Ochsenhauser die junge Krankenschwester Hedwig aus Duisburg kennen und lieben. Hedwigs Briefe an ihre Eltern sind erhalten, auch ein Brief von Hubert, in dem er den potentiellen Schwiegereltern gesteht, dass er sein Leben mit Hedwig verbringen wolle. Die Protestantin wagte sich nach Rückkehr in den katholischen Süden, heiratete 1956 und gebar 1958 ihre Tochter Sabine.
Es war schließlich die Südkoreanische Botschaft, die nach deutschen Einsatzkräften forschte, und in dem kleinen oberschwäbischen Englisweiler, einem Teilort der Gemeinde Steinhausen, fündig wurde. In einen Brief bedankte sich die Botschaft für das Wirken von Hubert und Hedwig Mayer und sprach eine Einladung aus für zwei Personen zum Veteranentreffen von UN-Soldaten und der Unterstützer vom Roten Kreuz.
Sabines Ehemann ließ Tochter Julia den Vortritt. Die Erolzheimer Lehrerin bekam Sonderurlaub, so dass Mutter und Tochter zwei Tage vor Beginn des offiziellen Programms für rund 100 Teilnehmende in Seoul eintrafen. Naturgemäß sind die Veteranen aus Amerika, England, Australien und den Niederlanden hochbetagt, doch die Organisatoren sorgten etwa durch die permanente Anwesenheit von Krankenschwestern dafür, dass das Programm in Seoul und in Busan für alle zu schaffen war.

Hedwig Ebert und Hubert Mayer 1956 mit einer Kollegin in Korea be

Hedwig Ebert (links) und Hubert Mayer 1956 mit einer Kollegin in Südkorea.

Wenn das meine Eltern noch mitbekommen hätten …

„Die Koreaner zeigten eine unfassbare Dankbarkeit“, erinnert sich Julia. „Wildfremde Menschen sprachen uns an. Sehr viel Wertschätzung auch von jungen Menschen wurde uns zuteil.“ Außer den beiden Bachmors waren zwei weitere Deutsche dabei. Die Veteranen erschienen in Uniformen mit Orden bei den Zeremonien auf dem Nationalfriedhof und bei den Militärvorführungen. „Uns wurde bewusst, wie viel anders in Südkorea mit den Themen Nationalismus und Militär umgegangen wird als in Deutschland. Es war immer großer Bahnhof mit rotem Teppich. Polizei-Eskorten lotsten die vier Busse durch den dichten Verkehr.“
„Wir legten Chrysanthemen an Gedenktafeln nieder, auf denen einige Veteranen mit Tränen in den Augen die Namen ihrer gefallenen Kameraden lasen. Zwei Niederländerinnen brachten die Asche ihres Vaters mit, der den Einsatz in Korea überlebt hatte und vor kurzem zu Hause gestorben war. Er wurde auf dem UN-Friedhof bestattet“, berichtet Sabine von berührenden Szenen auf ihrer Spurensuche in die Vergangenheit ihrer Eltern. Bei dem vollgepackten Programm blieb keine Zeit für Sightseeingtouren. Julia möchte deshalb nicht ausschließen noch einmal nach Südkorea zu reisen, um Kultur und Natur dieses faszinierenden Landes näher kennen zu lernen.
Ob die Eltern ihrer Tochter und den Enkeln eigentlich von ihrem Einsatz in Korea erzählt haben, möchte ich wissen. „Ja, ja“, lacht Sabine. „Mein Vater hat viel erzählt, er hielt sogar Dia-Vorträge in der Gegend. Er wurde oft der ‚Korea-Mayer‘ oder ‚Mister Rotes Kreuz‘ genannt. Es gibt auch noch den Original-Hanbock, die koreanische Tracht, meiner Mutter aus Südkorea und Perlen, die sie für Verwandte mitgebracht hat. Mein Vater arbeitete nach der Rückkehr hauptamtlich fürs Rote Kreuz als Rettungswagenfahrer. Er starb schon 1989 mit 66 Jahren an Krebs.“ Die gemeinsame Reise mit ihrer Tochter in die Vergangenheit ihrer Eltern berührte Sabine Bachmor sehr. „Als ich mit Julia in Busan am Strand stand, hatte ich schon einen Kloß im Hals. Wenn das meine Eltern noch mitbekommen hätten! Ein Erlebnis, das ich mir nie hätte träumen lassen.“

 

Autorin: Andrea Reck

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