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Auf Lachmedizin spezialisiert sind die Frauen und Männer vom Verein Ravensburger Clowns. Sie zaubern Menschen mit Behinderung, Alten und Kranken ein Lächeln ins Gesicht. Es folgt die kurze Geschichte der Clownerie & Narretei: über die Kunst zu lachen und wie man sie erlernt.

Ella (alias Anke Biester) im hellblauen Tüllrock und Lilly Lavendel (alias Ute Dreher) in knallroter Latzhose vom Ravensburger Clowns e.V. sind auf Clownvisite in einem Waldseer Seniorenheim. Zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern, die gerade beim Nachmittagskaffee sitzen, stimmen die beiden quirligen Damen zwischen den Tischen „Veronika, der Lenz ist da“ an. Und schon entwischt der türkisblaue Schorschi, der so gerne kuschelt, Ellas weißer Schürzentasche und sitzt gesprächig auf dem Tisch. Er schafft es auch, dass Bewohnerinnen und Bewohner, die anfangs noch sehr reserviert sind, ihn vorsichtig mit dem Finger anstupsen und fröhlich auf seine Fragen antworten. Ella und Lilly kommen vom vor zehn Jahren gegründeten Verein Ravensburger Clowns. Sie verteilen „Lachmedizin“ und deren heilsame Wirkungsweise in den verschiedensten Einrichtungen in Oberschwaben, im Allgäu und am Bodensee. Das können außer Seniorenheimen auch Kliniken, soziale Institutionen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sein oder auch Hospize.

Die Ravensburger Clowninnen und Clowns haben 17 aktive und viele fördernde Mitglieder. Die ausgebildeten Clowns haben ganz verschiedene Berufe. Etwa Krankenschwester, Erzieher, Künstler, Ergotherapeut, Heilerziehungspfleger, Altentherapeut, Tanztherapeut, Kommunikations-, Humor - und Zirkustrainer, Pädagoge, Coach, Heilpraktiker und vieles mehr. Eines haben alle gemeinsam: die rote Nase. Und: Talina, Pipa, August, Nina Schlimm, Mina, Fee, Olga Kirschbecher, Lina Guglhupf, Kamille, Lilly Lavendel, Frieda, Fanni, Ella und wie sie alle heißen – lieben Menschen. „Wir haben zu wenig Männer“, bedauert Christina Wallisch (alias Lina Guglhupf), die erste Vorsitzende des Vereins. In Amerika, wo die Idee der Klinikclowns geboren wurde, zögen vor allem Männer die rote Nase auf, im Ravensburger Verein findet sich lediglich ein Mann unter den Aktiven. Den Verein gründeten 2012 AbsolventInnen der Ravensburger Clownschule. Wer mitmachen will braucht die Grundausbildung „Clownerie“ sowie die Zusatzqualifikation „Klinikclown“ oder wie es bei der Ravensburger Clownschule heißt zum „Visitenclown“, erläutert Wallisch.
Die Zusatzausbildung „Visitenclown“ ist geeignet für Clowns mit einer Basisausbildung, die in Pflege- und Seniorenheimen, Krankenhäusern und anderen sozialen Einrichtungen tätig sein wollen. Sie beinhaltet bei einer Gesamtstundenzahl von 120 Stunden verschiedene Module und endet mit einer Prüfung.
Die älteste Schule für Clown und Comedy Deutschlands feiert in diesem Jahr den 40. Geburtstag. Von Berufsfachschulen bis zu Hochschulstudium gibt es weltweit Ausbildungsmöglichkeiten, doch in deutschsprachigen Ländern war es Anfang der 80er Jahre nicht möglich, den „Beruf des Clowns“ zu erlernen. Bis Jenny Karpawitz und Udo Berenbrinker, die beide jahrelang als Clowns unterwegs waren, 1991 in Konstanz ihre Clownschule gründeten. Die Sommerakademie lockt seit 30 Jahren Trainer und Teilnehmer aus der ganzen Welt in die Räume der Akademie. Für Humortrainings und Schulungen kommen die Rotnasen sogar in Firmen und Institutionen.

Narrenkappen und Narrenfreiheit
In Griechenland gab es schon vor 2500 Jahren bei Volksfesten zu Ehren des Gottes Dionysos komische Figuren und Possenreißer. Im alten Rom unterhielten die Atellanen mit obszönen Späßen das Publikum. Die komischen Schauspieler wollten starre kulturelle und religiöse Rituale durchbrechen, die Leute zum Lachen bringen und beim Volk für gute Stimmung sorgen.
Das Mittelalter war die Zeit der Narren. Oft wurden körperlich oder geistig behinderte Menschen als „Narren“ präsentiert, daneben stellten sich Darsteller aber auch absichtlich dumm und tölpelhaft an. Das Wort «Narr» hatte im Althochdeutschen verschiedene Bedeutungen: Spaßmacher, Gottesleugner aber auch Frucht ohne Kern. Der Fastnachtsruf „Narri Narro“ stammt aus dem Schwäbisch-Alemannischen und wird bis heute in Schwaben und im Schwarzwald gebraucht. Im Althochdeutschen war es üblich, ein Wort durch „o“ zu verstärken. So wurde aus: „Narr“ „Narro“. „Narri“ kam dann später als lautmalerische Ergänzung hinzu. Die Kleidung des Narren bestand aus einer Narrenkappe mit Eselsohren, dem Sinnbild der Erniedrigung und Verspottung). Seine Kleidung war am Rand mit Zacken versehen, was Zerstreutheit symbolisieren sollte. Das Narrengewand zeigte den Ausschluss aus der Gemeinschaft an. Bis zum 13. Jahrhundert waren Narren meist Musikanten oder Bettler, die körperlichen Anomalien oder Monstrositäten zur Schau stellten. Sie wurden nachgeäfft und dienten zur Belustigung. Es gab aber auch schon berühmte Figuren wie Till Eulenspiegel.
Mehr Achtung genossen ab dem 16. Jahrhundert die Hofnarren, die dem Herrscher zur Unterhaltung aber oft auch als Berater dienten. Sie waren immer an seiner Seite: bei der Jagd, bei Ausfahrten und bei Festen. Der Narr war nicht an gesellschaftliche Normen gebunden und bekam großen Handlungsspielraum. Er genoss «Narrenfreiheit».
Eine wichtige Rolle kommt der Schadenfreude zu, der Freude über das Missgeschick anderer. Das Wort Schadenfreude existiert übrigens in einigen Sprachen als deutsches Lehnwort. Sie spielt in vielen Kulturen eine Rolle, oft geächtet und ist von Schuldgefühlen begleitet. Sie ist wie Mitleid ein indirekt ausgelebtes Gefühl, weil die Person, die sie empfindet, nichts mit dem Zustandekommen der Situation zu tun hat. Man darf lachen über Slapstick-Einlagen wie Ausrutscher oder Torten im Gesicht der Darsteller. Echte Schadenfreude entsteht allerdings erst, wenn man eine unerfreuliche Situation als verdient betrachtet und sich dadurch gut fühlt.
Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert wurde in Norditalien die Commedia dell’arte beliebt: eine Mischung aus Volkstheater, Jahrmarktspektakel, Klamauk, Artistik und Pantomime. In den Verwechslungsspielen der Stegreifkomödien konnten sich die Zuschauenden selbst entdecken. Neben den typischen Masken gehörten ausdrucksvolle Tänze zum Auftritt. Berühmt wurde der frühe Clown Arlecchino. Die naive, bauernschlaue Figur machte vieles falsch, war aber sehr lebenslustig.
Später traten Clowns vor allem im Zirkus auf, anfangs als komische Figuren auf dem Pferderücken, als Pausenfüller oder Prügelknaben und dann als Hauptnummern. Das Austeilen und Einstecken von Ohrfeigen gehörte meist dazu. Dazu kamen Sprechclowns mit Witzen und Wortspielereien. Berühmte Clowns brachte das Varieté hervor: etwa den Schweizer Grock (1880 - 1959, den Spanier Charlie Rivel (1896 -1983) oder den Russen Oleg Popow (1930 – 2016). Übrigens, was macht ein Clown im Büro? Faxen. Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

Infos unter:
www.ravensburger-clowns.de
www.tamala-center.de
www.ravensburger-clownschule.de

Autorin: Andrea Reck

 

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