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Eichstegen - Schon in jungen Jahren schwebte Egon Frick vor, ein Haus zu bauen, das keinen Müll hinterlässt. Nun hat er es geschafft: Das Musterhaus steht in Eichstegen bei Altshausen. Aus dem Grundgedanken heraus, ein wohngesundes, ressourcenschonendes und nachhaltiges Haus zu bauen, entstand das 8Haus, das fast ausschließlich aus Naturmaterialien besteht.

Wenn er etwas will, dann macht er es richtig und lässt auch wenig Kompromisse zu. Egon Frick ist Zimmermann und Visionär – beides miteinander vereint. Mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Andreas Schäfer steht er an einem kühlen Tag im Frühsommer in seinem neuesten Projekt: dem 8Haus. Auffallend an dem zweigeschossigen Zweifamilienhaus ist zunächst nur die sägerauhe Holzschalung. „Dort kommen die Holzschindeln dran“, sagt Frick, „und sehen Sie mal, hier die Balken, die sind alle sägerauh.“ Egon Frick meint damit nicht nur, dass das Holz unbehandelt ist, hinter der Aussage verbirgt sich eine Haltung. Sägerau bedeutet weniger Maschineneinsatz, bedeutet weniger Holzverbrauch und damit auch weniger Gesamtenergieverbrauch. „Etwa 25 Prozent weniger im Vergleich zu verleimtem Holz“, sagt Frick. „Ab dem Keller haben wir das Haus zu 98 Prozent aus Naturmaterialien gebaut“, erklärt der Zimmermann, das Haus sei quasi komplett rückbaubar und wiederverwertbar.
Nun werden viele sagen, dass es Holzhäuser ja schon gäbe, das sei nichts Besonderes. In der Tat, gerade in Baden-Württemberg werden viele Holzhäuser gebaut. Der nachwachsende Rohstoff hatte es hier leichter als in anderen Bundesländern. Die Landesbauordnung hat damit zu tun, aber auch die Bautradition: Im Schwarzwald wird seit Jahrhunderten so gebaut. Die Holzbauquote liegt laut baden-württembergischen Holzbauverband in den ersten drei Monaten des Jahres 2020 bei 39,6 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 23,8 Prozent.
„In vielen Bereichen könnte der Holzbau aber noch besser sein“, ist der 52-Jährige überzeugt. Von der Dämmung im Kellerbereich, über Abdichtungen im Sockelbereich, Klebebänder beim Fenstereinbau, bis hin zu Folien in der Wand oder beim Dachaufbau – überall stecken in konventionell gebauten Häusern Kunststoffe und Kleber. Nicht zu vergessen der Polyurethan-Leim, der bei der Produktion von großen Holzquerschnitten oder bei der Fertigung von OSB-Platten gebraucht wird und Ausdünstungen verursacht.
Bis auf wenige Ausnahmen verwendet Frick sägeraue Materialien. „Wir sparen am Rohstoff Holz und wir sparen Energie beim Arbeitsgang Hobeln“, erklärt Frick und schaut besorgt. „Wenn ich mir die Wälder der Region anschaue und die Problematik mit der Trockenheit und damit den Schädlingsbefall, dann frage ich mich: `Reicht das Holz für uns alle und wie lange noch?´“

 

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Das zweistöckige Musterhaus mit 240 m² Wohnfläche steht in Eichstegen bei Altshausen.

 

Wie hat man es früher gemacht?

Auch für Egon Frick, der mit seiner 18-köpfigen Belegschaft immer noch mehr oder weniger konventionelle Holzhäuser baut, haben die Schritte der Optimierung von einem gewöhnlichen Holzhaus zu seinem achtsamen Holzhaus viel Zeit gebraucht. „Die Idee gab es schon lange, vor sechs Jahren habe ich dann aber angefangen, mich mit der konkreten Planung zu befassen“, erinnert er sich an seinen eigenen Prozess. „Ich habe mir Gedanken gemacht, wie man es früher gemacht hat und wie man es heute macht. `Muss man jedes Holz hobeln, muss man Flüssigkunststoff einsetzen, muss man unter jeden Estrich eine Styroporplatte setzten?´“, erinnert sich Egon Frick. Besuche in Bauernhaus-Museen, um alte Handwerkstechniken und alte Baustoffe zu entdecken, schlossen sich an. Er wälzte Bücher, las Studien, fuhr ins Holzbauland Österreich, um jahrhundertealte Häuser anzuschauen und sich über Baubiologie und Wohngesundheit zu informieren. Für ihn wurde es immer klarer: „An Naturbaustoffen ist auf dieser Welt alles vorhanden, wir brauchen es nur umzusetzen.“ Im Musterhaus ist das an einem Querschnitt des Wandaufbaus zu sehen. Die etwa 45 Zentimeter dicke Außenwand besteht aus Holz, einer Strohdämmung und schweren Lehmbauplatten, die zudem mit Lehm verputzt werden. Das sogenannte KfW-40 Haus verbraucht im Betrieb 60 Prozent weniger Energie als es die EnEV (Energieeinsparverordnung) derzeit vorschreibt. Stroh gilt als der ökologischste Baustoff überhaupt, denn er ist ein Nebenprodukt der Landwirtschaft und kann überall regional hergestellt werden, in diesem Fall wird das Stroh eingeblasen.
„Neben der ersten Prämisse Naturprodukte zu verarbeiten, wollen wir Produkte und Hersteller aus der Region fördern“, sagt Andreas Schäfer, der als Geschäftsführer den technischen Bereich leitet. Frick: „Wir gehen bei unserem Musterhaus noch weiter und bauen auch die Inneneinrichtung aus Naturprodukten“, und erklärt, wie das Sofa im zukünftigen Wohnraum entsteht. Aus den Grundmaterialien Holz, Wolle und Wollvlies wird das Sofa von einer im Ort ansässigen Sattlerin zum Sofa gestaltet. Während des Besuchs befestigen Handwerker elektrische Kabelstränge mit einer Halterung aus Holz statt einer aus Kunststoff (eine Tüftelei von Rainer Frick, dem Junior).
Zwischen dem Philosophieren über den Zusammenhang zwischen Naturbaustoffen und dem Wohlfühlfaktor im Haus ohne Lüftungsanlage, kommt die Frage nach dem Preis. „Wir sind – je nach Gebäudeausführung – etwa fünf bis zehn Prozent teurer als ein konventionell gebautes Haus“, sagt Egon Frick.

Bodenständiger Idealist

Dass es mit dem konventionellen Bauen so nicht weitergehen darf und die Müllmenge reduziert werden muss, davon ist der Handwerker überzeugt. Schaudern lassen ihn Betonbauten, die mit Styropor als Wärmedämmung verkleidet sind und gleichzeitig als „nachhaltiges Bauen“ bezeichnet werden. „Das ist der Müll von morgen“, meint Frick kopfschüttelnd. Er dagegen versucht gegenzusteuern. „Hinfallen und dann aber wieder aufstehen“, ist seine Devise. Und achtsam sein. Mit der Umwelt und den Menschen und mit sich. „Ganz oft gehe ich nach einem ereignisreichen Tag abends um acht Uhr ins Bett und schlafe, um mich zu regenerieren!“ Und um dann am nächsten Tag wieder seiner Vision nach dem natürlichen und gesunden Bauen nachzugehen.

 

Text und Fotos: Rüdiger Sinn

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