BLIX Banner1

Biberach - Vor 50 Jahren starb der renommierte Architekturprofessor Heinrich Lauterbach in Biberach. Bei der Renovierung des Hugo-Häring-Hauses ging er teilweise etwas unsensibel vor, doch mittlerweile ist vieles wieder im Originalzustand.

Beim Namen Lauterbrach denkt man eher an den derzeitigen Gesundheitsminister Karl oder den Schauspieler Heiner. Seltener wohl an den vor fünfzig Jahren in Biberach gestorbenen Architekten Professor Heinrich Lauterbach. Außer man kümmert sich als Mitglied der Hugo Häring Gesellschaft e.V. (www.hugo-haering.de) um das denkmalgeschützte Hugo-Häring-Haus im Mettenbacher Weg 17. Wie etwa der Leiter des Biberacher Hochbauamtes Siegfried Kopf-Jasiński, stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft. Beim Gang durch den Garten hinter „der Kanzel überm Risstal“ erklärt der Architekt die Prinzipien des „organhaften“ Bauens. Nur die Stützen, auf denen das Haus am Hang steht, und die Wand dahinter sind aus Beton. Alles darüber ist eine Holzständerkonstruktion. Das zweigeschossige Haus, seit 2000 im Besitz der Stadt Biberach, baute der 1882 in Biberach geborene Architekt Hugo Häring 1950 für den Chef der Seidenweberei Schmitz. Er war einer der bedeutendsten Vertreter der Moderne, des „neuen Bauens“, wie er es nannte. Während der Zeit des Nationalsozialismus notgedrungen auf architekturtheoretisches Arbeiten beschränkt, realisierte er nach dem Krieg nur noch die zwei nebeneinander liegenden Wohnhäuser der Fabrikantenfamilie Schmitz, die in den 70er Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurden. 1972 hatte Guido Schmitz die Häuser nach Insolvenz seiner Firma verkaufen müssen.

DSC 0008

Architekt Siegfried Kopf-Jasiński liegt die historische Bausubstanz am Herzen. 

Licht und Sonne zugewandt
Der Eingangsbereich des Hauses wirkt recht dunkel und niedrig. Erst als Kopf-Jasiński die Tür zum Wohnbereich öffnet „macht es plötzlich auf“, wie er sagt. Laut Häring soll das Haus sich der Sonne zuwenden wie eine Pflanze. Häring legte das Haus von innen her an, ging von den lebendigen Vorgängen des Wohnens aus und davon, wie die Abläufe beim Wohnen sind. Etwa dass man abends beim Lesen im nach Westen liegenden Erker noch Licht hat. Häring verwendete an der Südseite viel Glas, damit Licht und Wärme ins Haus dringen können, während die Nordseite geschlossen ist. Anders als bei früheren Entwürfen gibt es hier aber keine organischen Rundungen. „1950 musste man sich wohl auch finanziell noch etwas beschränken“, mutmaßt Kopf-Jasinski. Häring hat vergleichsweise wenig gebaut. Hauptwerke des Vorsitzenden der Architektenvereinigung ‚Der Ring‘ waren Gut Garkau in Holstein (1924-25) und Häuser in der Berliner Siemensstadt (1928-31).
1960 fand im Mettenberger Weg 17 ein Bewohnerwechsel statt. Schmitz-Sohn Werner zog aus, sein Bruder Gerd zog ein. „Und nun kommt Lauterbach ins Spiel“, erklärt Kopf-Jasiński. „Er und Häring haben sich gekannt. Der Breslauer Lauterbach war auch ein Organiker, ein namhafter Architekt und Professor. Zwei Jahre nach Härings Tod renovierte er beide Häuser.“ Lauterbach brachte eine dunkelbrauen Holztäfelung an auf der weißen Putzfläche. „Ein typischer Duktus der Sechziger. Das Haus ist konstruktiv wirklich gut, aber durch das Schwinden des Holzes zog es wohl ein wenig durch die Ritzen. Und man wollte es wohl nicht mehr so reduziert karg.“
Bei der Restaurierung des Hauses im Jahr 2008 fiel den Fachleuten im durch eine Schiebetür abgetrennten Schlafzimmer eine rot gestrichene beschädigte Stütze auf. Die Vermutung des Architekturhistorikers Prof. Joachim Ganzert wurde von der Schmitz-Tochter Andrea bestätigt: Ihr kunstsinniger Vater habe sich für Japan interessiert. Der rote Balken erinnert an eine japanische Tempelnische. Bei der Umgestaltung 1960 hatte Lauterbach ihn leider teilweise absägen lassen. „Sein Umgang mit der historischen Bausubstanz war teilweise unsensibel“, bescheinigt Kopf- Jasiński dem 1973 verstorbenen Lauterbach.
Nur gut, dass das Haus im Talfeld mittlerweile weitgehend im Originalzustand zu sehen ist. Achten Sie einmal auf den roten Pfosten im Schafzimmer …

INFO: Ein berühmter Biberacher Architekt
Der nach dem Biberacher Architekten benannte Hugo-Häring-Preis ist ein Architekturpreis für vorbildliche Bauwerke in Baden-Württemberg. Seit 1969 verleiht der Landesverband des Bundes Deutscher Architekten (BDA) den Preis an Bauherren und Architekten für ihr gemeinsames Werk. Eine große Ausstellung zu Ehren des Architekten bereitet das Museum Biberach derzeit mit der Hugo Häring Gesellschaft e.V. vor .Vom 11. November 2023 bis 14. April 2024 wird im Rahmen der Heimattage „Hugo Häring und das organhafte Bauen“ thematisiert. Dazu werden auch im Hugo-Häring-Haus Sonderführungen angeboten werden. 

Text und Fotos: Andrea Reck

­