Ummendorf - So war es früher. Max Steigmillers Mutter Monika stammt aus dem nahen Allgäu. Sie zog nach Ummendorf, wo sie 1987 ihren Gerhard heiratete, Biobäuerin wurde, vier Söhne gebar und einen stattlichen Hofladen aufbaute. Überschaubare Entfernungen, waren einst der Paarbildung förderlich. Insbesondere in der Landwirtschaft, die keine großen Sprünge zuließ. Für Max und Sophie trifft das nicht mehr zu. Heimat einst und heute.
Sophie stammt aus dem hohen Norden, geboren in Eutin in der Holsteinischen Schweiz, aufgewachsen mit acht Geschwistern auf einem Bauernhof in der Nähe der Lübecker Bucht, verließ sie ihre Heimat, um nach Ummendorf zu kommen und vergangenes Jahr Max zu heiraten. Diese Entscheidung sei ihr nicht leicht gefallen, erzählt die 31-Jährige, die den elterlichen Biohof hätte übernehmen können. 50 Hektar rund um „Bullerbü“, am Ende einer Allee und einen Weiler mit reetgedeckten Fachwerkhäusern. Es sei dort so idyllisch wie „Bullerbü“, also noch schöner als in Oberschwaben, fand Monika Steigmiller nach einem Besuch. Und ihre Schwiegertochter stimmt ihr wehmütig zu.
Aber den eigenen Bauernhof hat die blondgelockte Frau nun auch. Max ist der Hoferbe in Ummendorf, beide haben in Eberswalde in Sachsen Landwirtschaft studiert und beide sind überzeugte Demeter-Landwirte, die gemeinsam auch neue Wege gehen wollen. 2018 übernahm Max den elterlichen Hof und es folgte eine große Baustelle zwischen Ummendorf und Schweinhausen, wohin die Hofstelle ausgesiedelt wurde, weil es in der Dorfmitte zu eng geworden ist. Noch ist nicht alles fertig, aber die Rinder, Schweine und Hühner fühlen sich schon wohl. Und nun wollen die beiden emsigen Bauersleut’ ein Experiment starten, indem sie Ackerparzellen anbieten zum Selbstanbau.
Landwirtschaft als kommunikative Aufgabe. „Wir hoffen auf eine landwirtschaftsinteressierte Gemeinschaft, mit der wir uns austauschen können“, erklärt Max ihr Bestreben. Ziel sei, eine „zukunftsfähige Form der Landwirtschaft“ zu etablieren in Gemeinschaft mit den KonsumentInnen. „Eine Landwirtschaft mit Fokus auf die Region und die Menschen, die darin leben.“ Das Paar ist sich einig: „Es kann nur gemeinschaftlich gelingen, die Lebensmittelversorgung regional und mit höchsten Standards zu gestalten. Wir wollen unseren Landwirtschaftsbetrieb und unseren Hofladen in eine solidarische Zukunft führen, um unabhängiger von den schnelllebigen Mechanismen des Marktgeschehens zu werden und krisensicher für LandwirtInnen und KonsumentInnen zu sein.“
Ein tolles Gefühl: die eigenen Kartoffeln zu ernten. Fotos: Steigmiller
Letztere sind nun eingeladen, sich als GärtnerIn auf einer Ackerparzelle (2 x 15 Meter) dem Landbau zu widmen. Auf den 30 Quadratmetern können sich die PächterInnen nach Belieben ausprobieren. Ob Gemüse, Blumen oder Gründünger, das entscheidet jede/r für sich. Für 160 Euro Pacht im Jahr, könne man den Gemüsebedarf einer Familie in etwa decken, vorausgesetzt es wächst, behaupten der Bauer und die Bäuerin. Bedingung ist: alles auf dem Acker muss entsprechend des Biolabels ökologisch sein, alle Pflanzen und auch das Saatgut muss deshalb über den Hof bezogen werden und selbstverständlich muss auch auf jeden Chemieeinsatz verzichtet werden. Dafür gibt es Starthilfe: Steigmillers übernehmen einen Teil der ersten Bepflanzung, vorgesehen sind Kartoffeln, Möhren und Erdbeeren. Außerdem wird Gerätschaft und Wasser zur Verfügung gestellt. Und jetzt kann’s losgehen! Mit 45 Parzellen planen die Landwirte vorerst, noch sind welche zu haben. Aber das Wetter und damit die Natur geben den Takt vor, und den Rest könne man lernen und sich gegenseitig beibringen, macht das Ehepaar Mut zum eigenen „Ackergarten“. Auch das kann ein kleines Stück Heimat werden.
Sophie ist in Oberschwaben „angekommen“, sagt sie, aber „Bullerbü wird meine Heimat bleiben“.
Am 8. Juli wird im Rahmen der Heimattage das Biberacher Symphonieorchester ein Hofkonzert geben. Kombiniert mit Hofführungen und Pizza.
www.steigmiller.bio/gemeinsam-wirtschaften
Autor: Roland Reck