Unser Artikel mit dem Titel „Sinnhafte Aufgabe“ (BLIX, März 2023), in dessen Rahmen wir Agnieszka Brugger, Bundestagsabgeordnete der Grünen, zum Ukraine-Krieg befragten, schlug hohe Wellen. Nachfolgend die Meinungen unserer LeserInnen, die uns zu diesem Thema erreicht haben.
Grünes Politbüro
Danke für Ihren Kommentar zum Artikel „Sinnhafte Aufgabe“. Ich bin eine von denen, die lange Jahre „Grün“ gewählt haben, denn „Frieden schaffen ohne Waffen“ war für mich dieselbe Devise, die unser ehemaliger SPD-Verteidigungsminister und später dann Bundeskanzler Helmut Schmidt vertrat, als er postulierte: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln als eine Minute schießen!“ Und nun muss ich solche unsäglichen Dinge erleben: Dass Sie Ihren – auf wörtlichen Zitaten beruhenden – Text dem „grünen Politbüro“ quasi zur Genehmigung vorlegen sollten und dass im Anschluss an die riesige Friedensdemo (50.000 TeilnehmerInnen am 25. Februar in Berlin) ein Herr Jakob Kluck im Auftrag der ARD eine schriftliche „Presseanfrage für die nächste Ausgabe unseres ARD-Politmagazins FAKT am Dienstag, 28. Februar 23 ...“ an alle 69 ErstunterzeichnerInnen des „Manifests für Frieden“ gesandt hatte: Ob sie denn das Manifest für Frieden erneut unterzeichnen würden? Wie die Modalitäten der Unterschriftsleistung waren? Und was sie von der Abgrenzung gegen rechte Gesinnung hielten?
In der entsprechenden FAKT-Sendung – aus meiner Sicht eine deutliche Anti-Friedensdemo-Hetze – wurden allerdings die sehr klaren, markanten und basisdemokratischen Antworten mit keinem Wort erwähnt. Ich kann mich auch nicht erinnern, sie wenigstens auszugsweise in irgendeinem anderen Infokanal der Öffentlich-Rechtlichen Medien gehört oder gelesen zu haben. Wer sie noch nachlesen will, kann das in der unabhängigen zwei Monatszeitschrift emma.de/Artikel/Reaktionen/Erstunterzeichnerinnen tun.
Zum Abschluss der Vollständigkeit halber: Mehr als eine dreiviertel Million Menschen haben inzwischen das „Manifest für Frieden“ unterschrieben, und Artikel 5 GG heißt im ersten Absatz: „... die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt ...“ Für mich bedeutet die Drohung des grünen Büros gegen Ihren Artikel, Herr Dr. Reck, genauso Zensur wie die Unterschlagung der Antwortbriefe im ARD-Politmagazin FAKT. Ich jedenfalls bin froh über mein Abo des unabhängigen BLIX und die unabhängige EMMA.
Mit freundlichen Grüßen Beate Breiter, Memmingen
Sinnhafte Aufgabe
Erstaunlich wie offen Frau Brugger ihre Ansichten äussert. Wie viele Parteigenoss*innen hat sie ihre Wahlaussage 2021 vergessen und mit der Zeitenwende vorauseilend ihre Forderungen formuliert: Kampfflugzeuge liefern! Der Grund dafür soll unter anderem sein, dass es Kriegsverbrechen gibt. Etwa nur von einer Seite? Man fragt sich, wo ist nun die rote Linie? Und man darf Frau Baerbock also nicht wörtlich nehmen („Wir sind im Krieg gegen Russland“)? Was denn? Gehören flapsige Bemerkungen zum neuen politischen Stil? Für mich beängstigend ist die Tatsache, dass sich Frau Brugger von der Rüstungskritikerin zur Kriegstreiberin wandelt. Kein Wort von dringend notwendigen Verhandlungen (die damals zwischen USA und Sowjetunion in der Kubakrise einen atomaren Weltkrieg verhinderten). Ich unterstelle, dass eine 38jährige ohne Studienabschluss zu wenig politische Erfahrung für diese Position besitzt (hier der gute Vergleich mit dem 93-jährigen Jürgen Habermas).
Frau Brugger sollte diesen Posten aufgeben - das wäre sinnhafter...
Mit freundlichen Grüssen Erich Baumann, Ravensburg
Quo vadis Grüne?
Wohin führt die ständige Eskalation von immer mehr Waffenlieferungen? Auf jeden Fall sind das bei den Kriegsparteien mehr Tote, zivile und militärische. Doch wo bleibt der Einsatz für (Friedens-)Verhandlungen? Von der deutschen Außenministerin ist dazu nichts zu hören, ganz im Gegenteil: sie hat die Kriegsrhetorik bereits verinnerlicht, sonst käme, auch in englischer Sprache, diese Aussage nicht zustande: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“ Und Brugger tut dies als „niemals wörtlich gemeint“ ab.
Ich kämpfe auf jeden Fall nicht! Dazu bin ich als Kriegsdienstverweigerer viel zu nahe beim Autor. Warum kann der Despot Erdogan Getreidelieferungen für beide Seiten arrangieren? Dazu waren Gespräche nötig. Die NATO und die MINSK-Abkommen-Staaten sind „sprachlos“. Alle, vor allem die sogenannte “Friedenspartei“ Grüne, sind aufgefordert, alles zu unternehmen, um ins Gespräch zu kommen, auch wenn es schwierig sein wird mit einem Land und dessen Präsidenten ins Gespräch zu kommen, das den Einmarsch in die Ukraine (bisher) negiert.
Mit freundlichen Grüßen Roland Uhl, Riedlingen
Sehr geehrter Herr Reck,
ich finde Ihr Magazin recht gut und lese gerne Ihre Artikel. Die Meinung von Agnieszka Brugger hat mich sehr interessiert. Da ich ihr voll zustimme, ist mir während des Lesens aufgefallen, dass Sie nicht ihrer Meinung sind. Ihre kritischen Bemerkungen (wie z.B.: Hofreiter „geistert“, Brugger „ätzt“, „will mich nicht trösten“ ...) sowie das Loblied über Jürgen Habermas sind mir sofort aufgefallen. Erst danach habe ich Ihre Einleitung gelesen und fühlte mich bestätigt.
(...) Ich bin absolut kein Wähler der Grünen, doch diesmal sind sie meiner Meinung nach voll im Recht. Auch ich hätte so gehandelt wie die Grünen, wenn ich im Interview aufgrund Ihrer Fragestellungen gemerkt hätte, worauf der Artikel hinauslaufen könnte. Und das sollte er ja wohl ursprünglich auch - oder?
Sie haben recht: WAFFEN ALLEIN schaffen keinen Frieden – aber REDEN ALLEIN auch nicht. Besonders nicht, wenn der Gegenüber ein Terrorist namens Putin ist. Der braucht doch nur mit dem Finger zu schnipsen und seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen, dann hätten wir Frieden. Ihn kann man jetzt nur noch mit schärferen Sanktionen, starker Gegenwehr und Durchhaltevermögen zum Umdenken bringen. Reden sollte man natürlich auch - aber nicht „stattdessen“.
Angst ist kein guter Ratgeber - man muss schon etwas tun für seine Freiheit und den Frieden. Ich zum Beispiel spende für die Ukraine.
Mit freundlichen Güßen Lothar Schätz, Bechtenrot
Lieber Herr Reck,
vielen Dank für den Artikel über Frau Brugger und für das Editorial. Man hat das Gefühl, die Bundesregierung, viele Medien und dadurch auch viele Menschen sind auf einem Trip! Das anzusprechen wird mindestens mit Verleumdungen geahndet. Diskutieren ist ausgeschlossen. Sie hatten den Mut, dagegen zu halten. In diesen Zeiten der Kriegstreiberei ist das extrem wertvoll!
Im wahrsten Sinne des Wortes: hochachtungsvoll,
Bärbel Haßler, Weingarten
